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Was läuft schief bei den Arbeitnehmern ?

Arbeitskräftemangel in Österreich

Arbeitnehmer in Österreich kämpfen mit einer Vielzahl von Herausforderungen, die von schlechten Arbeitsbedingungen bis fast hin zu Ausbeutung reichen. In vielen Branchen und Berufen muss oft unter sehr schwierigen Arbeitsbedingungen Leistung erbracht werden, was diese natürlich für nachfolgende Generationen unattraktiv macht. 

Aber was genau läuft eigentlich schief? Man hört immer nur wie schlecht es nicht um manche Berufe steht, was genau dahinter steckt weiß man aber oft nicht wirklich. Tatsächlich gibt es aber genügend Studien und Berichte, die das generelle Arbeitsklima und auch branchenspezifische Probleme näher beschreiben und über genau die soll dieser Artikel einen kleinen Überblick bieten. 

Also, wie schauts mit dem Arbeitsklima in Österreich aus? 

Die aktuellsten Arbeitsklima-Indizes zeigen, dass durch die stetige Teuerung für viele Menschen in Österreich sehr viele Einschränkungen im Leben bedeuten. Etwa 45% der Arbeitnehmer*innen in Österreich gaben letzten November an, von ihrem Lohn oder Gehalt kaum Leben zu können, 9% können es gar nicht. Mehr als die Hälfte dieser Menschen arbeitet allerdings Vollzeit. Diese Tatsache, dass viele kaum oder gar nicht von ihrem Gehalt Leben können, zwingt die Menschen dazu, entweder ihren Konsum stark einzuschränken oder mehrere Jobs gleichzeitig zu arbeiten. Darunter leidet allerdings dann sowohl die psychische als auch die körperliche Gesundheit. 

Besonders Frauen haben es laut dem aktuellen Arbeitsklima-Index zurzeit sehr schwer. Schlecht Bezahlung in „klassischen“ Frauenberufsfeldern wie etwa der Dienstleistungsbranche oder dem Unterrichtswesen und generell niedrigere Einkommen innerhalb der Branchen im Gegensatz zu Männern führen zu weniger Zufriedenheit. Der Optimismus für die eigene Zukunft sinkt und auch die nach wie vor vorherrschende Diskriminierung im Hinblick auf Bezahlung und Karrieremöglichkeiten sorgen dafür, dass die Arbeitszufriedenheit bei Frauen einen historischen Tiefstand erreicht hat. Vor allem junge Frauen fühlen sich benachteiligt, besonders die „gläserne Decke“, die den beruflichen Aufstieg erschwert, ist ein großes Thema. 

Wie man also sieht, ist das aktuelle Arbeitsklima nicht gerade das Beste. Schlechte Bezahlung, Diskriminierung und die Teuerung machen vielen Menschen zu schaffen. Auch die einzelnen Branchen haben mit verschiedenen Problemen zu kämpfen, während Corona-Zeiten lag der Fokus vermehrt auf dem Pflegebereich. 

Was läuft denn im Pflegebereich schief? 

Die im Jahr 2021 verfasste SORA-Studie des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zeigt eine Vielzahl an Problemen auf, die im Pflegebereich zu Unzufriedenheit führen. Viele davon sind schon häufig diskutiert worden, man kann aber nicht immer alles mitbekommen, deshalb gibt’s hier eine kleine Zusammenfassung der größten Baustellen. 

Zeitdruck, seelisch belastende Arbeit, fehlende Zeit für Verschnaufpausen und eine körperliche Belastung durch Unfall- oder Verletzungsgefahr in der Arbeit spielen eine große Rolle bei Berufsausstiegen und verringerter Arbeitszufriedenheit im Pflegebereich. So geben mehr als 80% aller Beschäftigten in der Pflege an, von ihren Tätigkeiten und Aufgaben seelisch belastet zu werden. In der Krankenpflege gibt sogar fast die Hälfte der Beschäftigten an, von ihren beruflichen Tätigkeiten stark emotional in Mitleidenschaft gezogen zu werden. 

Auch die Entlohnung für die Pflegearbeit kann nicht zufriedenstellend sein, gerade wenn unverhältnismäßig hart gearbeitet werden muss, wie etwa zu Pandemiezeiten. Laut der SORA Studie sind grundsätzlich etwa zwei Drittel aller Pflegebeschäftigten mit ihrem Einkommen zufrieden, ein 

Drittel ist mittel bis gar nicht zufrieden. Größere Unterschiede zeigen sich, wenn man die einzelnen Bereiche betrachtet. So sind in der Krankenpflege zwei Drittel zufrieden mit ihrer Entlohnung während in der Behinderten- und Altenbetreuung nur etwas mehr als die Hälfte wirklich zufrieden ist. Man sieht also, dass innerhalb der verschiedenen Pflegeberufe, die alle sehr wichtig für die Infrastruktur unseres Landes sind, durchaus große Unterschiede in der Bezahlung herrschen. 

Besonders für Frauen, die die deutliche Mehrheit in Pflegeberufen stellen, sind die atypischen Arbeitszeiten im Pflegebereich ein Problem. Dadurch, dass sie nach wie vor häufiger als ihre Partner die Hauptverantwortung für Kinderbetreuung übernehmen, führen die Arbeitszeiten an Abenden und Wochenenden vermehrt zu Konflikten zwischen Berufs- und Privatleben, was laut der SORA-Studie zu einem nachgewiesenem, negativen Effekt auf Gesundheit, Planbarkeit und Lebenszufriedenheit führt. 

Wie man also sehen kann, gibt es durchaus einige Problemfelder, die so nicht förderlich für die Zufriedenheit mit diesem sehr wichtigen Beruf sind. Auch in anderen Berufsfeldern, wie beispielsweise der Gastronomie gibt es nach wie vor große Probleme. 

Welche Probleme gibt’s denn in der Gastro? 

In einer Studie der Uni Wien aus dem November 2022 wurden 32 Beschäftigte aus Gastronomie und Hotellerie zu ihren Arbeitsrealitäten und Verbesserungsbedarfen in der Branche befragt. In der öffentlichen Diskussion wird ja meist nur die Seite der Arbeitgeber*innen gezeigt, in dieser Studie wird allerdings eher die Sichtweise der Arbeitnehmer*innen beleuchtet. Klar wurde dadurch, dass vor allem die schlecht planbaren, meist viel zu langen Arbeitszeiten und die vergleichsweise relativ geringe Entlohnung ein Problem sind. 

Nahezu alle Teilnehmer*innen dieser Studie berichteten davon, dass die Arbeitszeiten in der Branche sehr unzufriedenstellend sind. Eine mangelnde Work-Life-Balance entsteht vor allem dadurch, dass die Arbeitgeber*innen ständige Verfügbarkeit erwarten, häufig Überstunden zu leisten sind und die Ruhezeiten einfach zu kurz sind. 

Würde man wenigstens entsprechend gut verdienen wäre das alles noch verkraftbar, in der Gastro ist von guter Entlohnung allerdings nur in den seltensten Fällen was zu sehen. Auch die Tatsache, dass die sowieso niedrigen Löhne nicht zuverlässig ausbezahlt werden, führt dazu, dass vor allem im Service, viele Beschäftigte vom unsicheren Trinkgeld abhängig sind. Durch die Pandemie wurde für viele Arbeitnehmer*innen die Situation nur noch schlimmer, da sie von einen Tag auf den nächsten den Job los waren und die noch weiter reduzierte Entlohnung bei Kurzarbeit helfen bei den stetig steigenden Lebenserhaltungskosten nicht gerade weiter. 

Besonders Lehrlinge und Migrant*innen finden sich in einer schlechten Lage wieder, da sie sich zumeist gegenüber den Arbeitgeber*innen in einer sehr schwachen Verhandlungsposition befinden. So zeigt die Studie zum Beispiel, dass die Ausbildungsbedingungen in der Gastro teilweise sehr schwierig oder sogar unzulässig sind und die Lehrlinge auch mit massiven Übertretungen bei Jugendschutz- und Arbeitszeitbestimmungen konfrontiert sind. Oft werden sie wegen ihrem Status als Auszubildende zu Arbeiten gezwungen, die sonst keiner machen will und die eigentlich auch nicht zu ihrer Ausbildung gehören, wie etwa Reinigungsarbeiten. 

Mindestens genau so schlimm ist die Situation für Migrant*innen, die nicht gut genug Deutsch sprechen. Die interviewten Personen erzählen davon, dass sie aufgrund ihrer schlechten Deutschkenntnisse und nicht in Österreich anerkannten Arbeitszertifikaten sowie der Tatsache, dass sie über ihre eigenen Rechte und den österreichischen Arbeitsmarkt quasi nichts wissen, am Arbeitsplatz ausgeschlossen werden. Das führt dazu, dass Migrant*innen in der Gastro Branche 

meistens die Jobs bekommen, die sehr schlecht bezahlt sind und auch immer wieder innerhalb der Betriebe Ungleichbehandlung und Diskriminierung erfahren müssen. 

Wo läuft sonst noch was schief bei Arbeitnehmer*innen? 

Natürlich sind Pflege und Gastro nicht die einzigen Bereiche, in denen bei Arbeitnehmern Dinge schief laufen. Hier sind noch einige Beispiele für Branchen, in denen es Missstände gibt: 

Agrarbetriebe: 

Man glaubts fast nicht, aber tatsächlich haben wir in Österreich so wie in der gesamten EU ein massives Problem was die Arbeitsbedingungen auf den Feldern betrifft. Maria Burgstaller, die Agrarwirtschafts-Expertin der Arbeiterkammer Wien, erklärt in einem Interview mit dem Kontrast Magazin, wie schlimm die Lage auf Österreichs Feldern tatsächlich ist. So spricht Burgstaller von systematischer Unterbezahlung, Lohndumping und unzumutbaren Arbeitsbedingungen. Üblich sei es, den gesetzesmäßigen Lohn einfach nicht zu zahlen, mit der Begründung, dass das ja alle so machen. Selten werden Missstände bekannt, wenn dann sind sie aber erschreckend. Ein Stundenlohn von 2.50€, fehlende Überstundenzuschläge, mehr als 100 Wochenstunden Arbeit, Übermüdung und Massenquartiere. Es soll sogar schon zu Todesfällen gekommen sein. Die Erntearbeiter*innen trauen sich aber nicht, etwas zu sagen, einige von ihnen sind nämlich ohne Arbeitsgenehmigung im Land und nicht im Sozialsystem angemeldet. 

Lohndumping = das nicht ausbezahlen des vereinbarten Lohns von Seiten der Arbeitgeber*innen, damit diese sich einen Vorteil verschaffen. 

Berufslenker*innen: 

Auch bei Berufslenker*innen, also LKW-Lenker*innen, gibt es einiges an Problemen, die mit dem Beruf einhergehen. Fehlende LKW-Stehflächen, zu wenige saubere Sanitäranlagen, fehlende Koch- oder Reinigungsmöglichkeiten und Sicherheitsmängel auf den Parkplätzen führen dazu, dass dieser lebensnotwendige Beruf immer unbeliebter wird. Ohne die täglichen Lieferungen von lebensnotwendigen Dingen durch die LKW-Lenker*innen wären Supermärkte, Apotheken, Industrieunternehmen und viele andere nicht funktionsfähig. Trotzdem werden die Kraftfahrer*innen immer weniger. Das liegt unter anderem an den oben genannten Dingen, außerdem sind auch die hohen Belastung durch Stress und mangelnde Freizeit bzw. Erholungsmöglichkeiten ein Grund, weshalb immer weniger Menschen diesen Beruf ausüben wollen. 

Öffentlicher Verkehr

Auch im öffentlichen Verkehr läuft nicht alles rund. In einem Bereich, der in Zukunft immer wichtiger wird und der auch jetzt schon oft genug diskutiert wird, wird viel zu wenig auf die Fahrer*innen geschaut. Diese müssen oft 12 oder sogar 14 Stunden Dienste absolvieren, Pausen fallen hierbei durch Verspätungen oder zu enge Fahrpläne oft einfach aus. Dadurch fehlt die Zeit zur Erholung und auch die Toilette kann nicht besucht werden. Als Reaktion darauf trinken Beschäftigte teilweise einfach weniger, was wiederum auch nicht gesund ist. Durch den ganzen Stress, die unregelmäßigen Arbeitszeiten sowie Schichtwechsel leiden viele Beschäftigte unter ständiger Müdigkeit und Schlafproblemen. Auch die vielen Überstunden, die gemacht werden müssen, da zu wenig Personal vorhanden ist, tragen nicht positiv dazu bei. 

Aber nicht nur körperlich, sondern auch psychisch ist der Beruf sehr anstrengend. Dadurch, dass die Bus- und Straßenbahnfahrer*innen oft bei Fahrtausfällen oder Verspätungen die ersten und einzigen Ansprechpartner für Fahrgäste sind, entsteht psychischer Druck und der Wunsch, nicht als „Depp vom Dienst“ sondern als Mensch wahrgenommen zu werden. 

Diese ganzen Problemfelder und Drucksituationen führen vermehrt zu gesundheitlichen Problemen bei den Angestellten. Zum Beispiel werden Muskel-Skelett-Erkrankungen sowie psychische Erkrankungen und Schlafstörungen durch den Stress, monotone Körperhaltung und Schichtbetrieb begünstigt. 

Insgesamt zeigt sich, dass in vielen Berufsbereichen in Österreich, und sicherlich auch in anderen Ländern, viele Baustellen zu finden sind, die Berufe oder ganze Branchen unattraktiv für junge Leute machen. Damit sich der Fachkräftemangel in Zukunft also nicht noch verschlimmert sollte dringend etwas dagegen unternommen werden und auch den Stimmen gehör geschenkt werden, die von den Arbeitnehmer*innen ausgehen. 

Quellen: 

https://s3.us-west-2.amazonaws.com/secure.notion-static.com/f0d93113-689f-47bf-86b7-9d73a360079a/210201_SORA_Endbericht_Arbeitsbedingungen_in_der_Pflege.pdf?X-Amz-Algorithm=AWS4-HMAC-SHA256&X-Amz-Content-Sha256=UNSIGNED-PAYLOAD&X-Amz-Credential=AKIAT73L2G45EIPT3X45%2F20230318%2Fus-west-2%2Fs3%2Faws4_request&X-Amz-Date=20230318T170518Z&X-Amz-Expires=86400&X-Amz-Signature=0748849893265e20b4a989f67f531daa59f7c8ce8c0610bacf5e512504b65b25&X-Amz-SignedHeaders=host&response-content-disposition=filename%3D%22210201_SORA%2520Endbericht%2520Arbeitsbedingungen%2520in%2520der%2520Pflege.pdf%22&x-id=GetObject

https://ooe.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/arbeitswelt/arbeitsbedingungen/AB_2022_Gesamtbericht_Arbeitsbed_Gastronomie_Hotellerie_OO-.pdf

https://www.arbeit-wirtschaft.at/berufslenkerinnen-schlechte-arbeitsbedingungen-auf-raedern/

https://ooe.arbeiterkammer.at/service/presse/PKU_2023_AK_Arbeitsklimaindex_1_23.pdf

https://ooe.arbeiterkammer.at/service/presse/PKU_2022-11-15-Arbeitsklima_Index_4_22.pdf

https://bawue.verdi.de/++file++5f4cdc5b5683ddb9f92e3b77/download/Hintergrund_Belastende%20Arbeitsbedingungen%20im%20%C3%96PNV_PM.pdf