Eine Garantie läuft aus Seit zehn Jahren soll die sogenannte Jugendgarantie (Youth Guarantee) jungen Menschen in Europa mehr Chancen am Arbeitsmarkt ermöglichen. Die Bilanz zum Beschäftigungsprogramm im Jahr 2024 zeigt: es gibt noch viel Luft nach oben.
Was unternimmt die Europäische Union eigentlich im Interesse junger Menschen in Österreich? Fällt diese Frage, wird die European Youth Garantee in regelmäßigen Abständen als Paradebeispiel hervorgeholt. So auch im gerade zu Ende gegangenen EU-Wahlkampf.
Was ist die Youth Guarantee?
Als Maßnahme gegen die wachsende Jugendarbeitslosigkeit rief die EU das „Jugendgarantie“- Programm ins Leben. Dieses verspricht jungen Menschen stärkere Unterstützung bei der Arbeitssuche. Das wird garantiert: sollten unter 25-Jährige in der EU arbeitslos werden oder ihre Ausbildung abschließen, soll ihnen innerhalb von vier Monaten eine Arbeitsstelle, ein Ausbildung- oder Praktikumsplatz oder auch eine Weiterbildung zur Verfügung stehen. Diese Altersgrenze wurde 2020 im Zuge der COVID Pandemie und wegen deren Einflusses auf den Arbeitsmarkt auf 29 Jahre angehoben.
Die EU-Initiative war eine Reaktion auf die Auswirkungen der Weltfinanzkrise 2007 auf den europäischen Arbeitsmarkt. Auf Grund finanzieller Engpässe und Einsparungsmaßnahmen verloren viele Europäer:innen ihre Arbeit und hatten Probleme, eine Beschäftigung zu finden. Davon betroffen waren laut der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) besonders junge Menschen. In Österreich machten sie 2008 16,1% der Arbeitssuchenden aus. Im europäischen Vergleich lag die Zahl der unbeschäftigten jungen Menschen allerdings unter dem Durchschnitt.
Der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Jugendgarantie stieß im EU-Parlament auf überwiegende Unterstützung. Nach Billigung des Programmes durch EU-Ministerrat und Europäischen Rat, wird dieses seit 2014 von den Mitgliedsstaaten umgesetzt und laut Kommission seither jährlich von mehr als 3,5 Millionen jungen Menschen in der EU genützt. Die Jugendgarantie hat dabei allerdings den bloßen Status einer Empfehlung.
Top oder Flop?
Ähnliche Maßnahmen wie die European Youth Garantee gab es bereits zuvor in Österreich. Die österreichische Arbeiterkammer sprach 2012 sogar von einer EU-Jugendgarantie „nach österreichischem Vorbild“. Sie bezieht sich auf die Beschäftigungs- und Ausbildungsgarantie, die 2008 als Teil der nationalen Jugendbeschäftigungspakets eingeführt wurde und überbetriebliche Betriebsausbildung fördert. Tatsächlich hatte Österreich zum Zeitpunkt der Implementierung der European Youth Garantee europaweit die zweitniedrigste Jugendarbeitslosenquote – nur in Deutschland suchten damals weniger junge Menschen nach einer Arbeit. Mittlerweile ist Österreich in Europa auf Platz 8 gefallen.
Auf europäischer Ebene wird die European Youth Garantee gelobt: sie sei eine der bisher erfolgreichsten EU-Initiativen. Betrachtet man Österreichs Jugendbeschäftigung innerhalb der eigenen Landesgrenzen, zeigt sich ein anderes Bild. Eine interne Erhebung des österreichischen Arbeitsmarktservice im April 2024 zeigt eine Jugendarbeitslosenquote von 9,7%. Nachdem dieselbe Quote 2008 noch bei 7,5% lag, ist in Frage zu stellen, ob man von einem Erfolg der EU-Jugendgarantie hierzulande sprechen kann.
Kern des Problems
Schwerer wiegt hierzulande noch der Einfluss des sozioökonomischen Hintergrunds auf die Bildung junger Menschen und damit ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die Hälfte der derzeitigen Arbeitslosen hat keinen höheren Abschluss als die Pflichtschule, was eine begrenzte Auswahl an möglichen Arbeitsplätzen für die Suchenden bedeutet. Diese Konsequenz trifft besonders die Migra-Community: Der Anteil an Personen mit Migrationshintergrund mit allerhöchstens einem Pflichtschulabschluss in Österreich ist derzeit mehr als doppelt so hoch wie bei Personen ohne diesen.
Ein Zwischenbericht der Kommission zur Jugendgarantie 2020 kritisierte unterlassene Reformen in der Sache: „Österreich hat bisher nur begrenzte Schritte unternommen zur Verbesserung der Grundkompetenzen ökonomisch benachteiligter Jugendliche sowie Menschen mit Migrationshintergrund.“ Die Arbeitslosigkeit von jungen Menschen mit niedriger Ausbildung hat sich seit 2008 auf über 20% mehr als verdoppelt.
Die Jugendgarantie ist eine wichtige Initiative, die mit Fokus auf Aus- und Weiterbildungen für junge Arbeitssuchende den richtigen Ansatz bietet. Die Interessen junger Österreicher:innen sind allerdings langfristig am besten vertreten, indem derartige Empfehlungen der EU
hierzulande ernst genommen und für mehr Chancengleichheit Reformen im nationalen
Bildungssystem umgesetzt werden, damit solche Maßnahmen gar nicht erst nötig werden.
- https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1161&langId=en
- https://www.ams.at/001_uebersicht_aktuell
- https://www.google.com/url?sa=t&source=web&rct=j&opi=89978449&url=https://www.ams.at/content/dam/download/gesch%25C3%25A4ftsberichte/oesterreich/archiv-gesch%25C3%25A4ftsberichte/001_EndversionGB2008.pdf&ved=2ahUKEwjsnuCXr62GAxVGVPEDHa54CEwQFnoECBQQAQ&usg
- https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1099&langId=de