Ein Gutachten, das Sebastian Kurz komplett entlasten soll. So wird es jedenfalls präsentiert. Was steckt jedoch wirklich drin?
Peter Lewisch schreibt in seinem persönlichen Gutachten über die Ermittlungen der WKStA gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Er bezeichnet die Vorwürfe als inhaltslos, in einem Versuch, Ex-Kanzler Kurz zu entlasten.
Was für ein gutachtliche Stellungnahme?
Das Gutachten von Univ.-Prof. Peter Lewisch beschäftigt sich mit den Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen den ehemaligen Kanzler Sebastian Kurz.
Auf 17 Seiten wird versucht, die Ermittlungen zu entkräften. Das Fazit:
„keine konkreten Verdachtsfälle“ gegen Kurz.
Das Gutachten wurde vom ÖVP-Anwalt Werner Suppan in Auftrag gegeben.
Wer ist Peter Lewisch?
Univ.-Prof. DDr. Peter Lewisch ist Professor am Institut für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Wien. Lewisch ist zudem als Senior Counsel bei der Kanzlei Cerha Hempel tätig.
Lewisch fertigte schon früher persönliche Gutachten für Politiker*innen an. Am bekanntesten sind hierbei die Anfertigungen für ehemaligen ehemalige Innenminister Strasser sowie für Karl-Heinz Grasser zur BUWOG-Affäre.
Wer ist Edith Hlawati
Edith Hlawati ist auch wie Lewisch als Partnerin bei der Kanzlei Cerha Hempel tätig. Sie ist seit kurzem die Nachfolgerin von Thomas Schmid als Vorständen der ÖBAG.
Wie schon derStandard berichtete, war Hlawati früher Aufsichtsratsvorsitzende der Post AG und wurde auch im Zuge des Ibiza-Untersuchungsausschusses befragt. Ihre Vertrauensperson bei den Befragungen war Peter Lewisch.
Was steht im Gutachten?
Zusammengefasst steht im Gutachten, dass die WKStA schlampig gearbeitet hätte und die Vorwürfe gegen den Ex-Kanzler inhaltslos wären.
Die Chats sind laut Lewisch falsch interpretiert worden und alle Behauptung seitens der WKStA würden auf Spekulationen beruhen.
Lewisch kommt schlussendlich zum Fazit, dass es „keine konkrete Verdachtslage“gegen Sebastian Kurz gibt.
Lewisch Schlussfolgerungen stellen einen harten Angriff auf die WKStA und die Justiz dar, da er dieser vorwirft nicht korrekterweise gearbeitet zu haben.
Warum ist dieses Gutachten problematisch?
Dieses Gutachten kann als Versuch der ÖVP gesehen werden, die Vorwürfe gegen den Altkanzler zu entmachten, um eventuell ein Comeback Kurz in die Wege zu leiten.
Lewisch wirft der WKStA unter anderem vor, „freihändig spekuliert“ und„Sachverhalte verdreht“ zu haben.
Zusätzlich werden die Chats und die Praktiken, welche aus ihnen herausgehen, als „nix neues“ und „normal“ betitelt.
Mittlerweile verwendet Altkanzler Kurz dieses Dokument auch dazu, um seine Unschuld zu unterstreichen.
„Ich bin froh, wenn die Ermittlungen der WKStA schnell voranschreiten, und ich weiß, dass der Sachverhalt bald geklärt wird. Die falschen Vorwürfe gegen meine Person lassen sich rasch entkräften. Ich kann nicht beurteilen, was im Jahr 2016 im BMF stattgefunden hat, aber eines ist klar: Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen, wie zuletzt auch ein Rechtsgutachten ergab, und werde das auch beweisen“
Sebastian Kurz via einer schriftlichen Aussendung
Was bedeutet das alles rechtlich?
Da es sich um ein persönliches Gutachten handelt, welches auf Anfrage des Anwalts der beschuldigten Seite angefertigt wurde, haben sowohl das Gericht noch die WKStA keinerlei Verpflichtung auf das Dokument Bezug zu nehmen im Verfahren.
Das Gutachten dient somit quasi nur als Versuch, um den ehemaligen Kanzler Kurz weiß zu waschen und um die Anschuldigungen zu entkräften. Das Dokument hat für das tatsächliche Verfahren wahrscheinlich keinen brauchen Wert.
Zudem sei gesagt, dass Lewisch bei seiner Recherche und der Anfertigung keinen Einblick hatte in die Akten der WKStA bezüglich der Inseratenkorruptionsaffäre in der Kurz als Beschuldigter geführt wird. Lewisch bezieht sich rein auf die veröffentlichte Hausdurchsuchungsanordnung und der darin angeführte Argumentation.
Dieser ganze Angriff auf die laufenden Ermittlungen der Justiz sind zudem auch eher feigerer Natur. Die WKStA kann sich nämlich aus rechtlichen Gründen nicht öffentlichen über persönliche Gutachten äußern oder verteidigen.
Wie reagieren die Medien?
Der Großteil aller Medien spielen Kurz mit ihrer Berichterstattung perfekt in die Hände. Es wird über die Unschuld des ehemaligen Kanzler geschrieben, aber nur die wenigsten setzen sich kritisch mit der Qualität des Gutachten auseinander.
Eine deutliche Veranschaulichung der medialen Berichterstattung findet man im Twitter Threads des Kommunikationswissenschaftlers Fritz Hausjell, welche sich die Beiträge der einzelnen österreichischen Medien anschaut.
Was sagt die Uni Wien dazu?
Die Universität Wien distanziert sich von dem Gutachten Lewisch und stellt fest, dass es sich hierbei nur um ein persönliches Gutachten handelt und nicht um eines von der Institution der Universität Wien.
Das Logo der Universität Wien auf dem Dokument lässt es dennoch so wirken, als wäre das Gutachten eine Äußerung der Universität Wien, was nicht der Fall ist.
Auch wenn aus anderen Disziplinen (wie etwa den technischen Wissenschaften oder der Medizin) Gutachten erstellt werden, wird niemals nahegelegt, dass es sich dabei um eine institutionelle Äußerung handeln könnte. 2/2
— Universität Wien (@univienna) November 13, 2021
Darf Lewisch das Logo der Uni Wien verwenden?
Die Universität Wien stellte in einem weiteren Statement fest, dass Lewisch das Logo der Universität nicht hätte verwenden dürfen auf seinem persönlichen Gutachten, da es sich um ein Nebengeschäft handelt und um keine Äußerung der Institution der Universität Wien.
Lewisch Begründung warum der dies nicht gemacht habe, ist, dass er auf das Entfernen des Logos vergessen habe, weil dieses eh immer auf seinen Dokument im Header zu finden ist.
Die Universität Wien berät nun über etwaige Folgen für Lewisch.