Mit der türkis-grünen Regierung sollte dem Klimawandel der Kampf angesagt werden, doch die Klimaziele werden mit dem aktuellen Kurs nicht erreicht, sondern krass verfehlt. Hohe Strafzahlungen drohen bei Nichteinhaltung der Klimaziele. Die Gründe für die schlechte Ausgangslage haben wir hier für euch zusammengefasst.
Welche Klimaziele hat Österreich?
Österreich hat sich in zwei großen Klimaabkommen verpflichtet: dem Pariser Klimaabkommen (UN) und dem „Green Deal“ (EU). Bei Ersterem ist das größte Ziel, bis 2050 klimaneutral zu sein und die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu beschränken. Bei den EU-Zielen geht es um mehrere kurzfristige Ziele, wie das Reduzieren des CO2-Ausstoßes um 55% verglichen mit 1990. Österreich hat im Regierungsprogramm sogar das Ziel, bis 2040 klimaneutral zu sein.
Zur Einhaltung der Klimaziele musste jedes EU-Mitglied einen Klimaplan vorlegen, dessen Befolgung das Erreichen der Klimaziele bis 2030 beziehungsweise 2050 sicherstellen soll. Zum wichtigen Punkt, nämlich die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55% zu reduzieren, kommen noch weitere hinzu, wie die sogenannte „Effort-Sharing Verordnung“, laut der die CO2-Emissionen bis 2030 um durchschnittlich 40% im Vergleich zum Jahr 2005 reduziert werden müssen. Für Österreich sind 36% der Anteil, der abgebaut werden sollte. Es gibt daher feste Vorgaben, die es in Österreich einzuhalten gilt.
Neben der Reduktion von Treibhausgasemissionen steht auch der Ausbau erneuerbarer Energien im Fokus.
Was ist der Stand?
Österreich hinkt seinen Klimazielen aktuell hinterher. Bei der Minimierung des CO2-Ausstoßes gehört man zu den EU-Schlusslichtern. Die CO2-Emissionen konnten, anders als bei den meisten Mitgliedstaaten, verglichen mit 1990 nicht reduziert werden. Laut Rechnungshof droht eine Strafzahlung von mehr als neun Milliarden Euro, sollte die Regierung nicht bald mit härteren Maßnahmen gegensteuern.
Österreichs Performance bei der Reduktion von Treibhausgasemissionen ist EU-weit eine der schlechtesten. Während den anderen EU-Mitgliedstaaten im Schnitt eine Reduktion von 24% gelang, erhöhten sich Österreichs CO2-Emissionen sogar um 1,3%, so der Stand bis 2019. Der Trend geht in Österreich daher in die falsche Richtung.
Ob das Ziel, 2030 bei -55% im Vergleich zu 1990 zu liegen noch zu erreichen ist, wird immer unwahrscheinlicher. Dass man im Jahr 2020 eine Abnahme der Emissionen verzeichnen konnte, ist den Lockdowns zuzuschreiben, die Verkehr und Wirtschaft schrumpfen ließen.
Auch das Klimaschutzgesetz, das den rechtlichen Rahmen und die Unterstützung für Gesetze und Projekte zum Klimaschutz geben soll, scheint von wenig Belangen zu sein in Österreich. 2017 wurde dieses gebrochen, als 51,5 Millionen Tonnen CO2, gesetzlich rund 1,3 Millionen Tonnen zu viel, in Österreichs Luft gepumpt wurden. Konsequenzen gab es keine. WWF-Klimasprecher Karl Schellmann kommentierte, dass die Regierung die eigenen Gesetze offenbar nicht ernst genug nehme.
Falls Österreich den Abkommen nicht nachkommt, wird es sehr teuer für Bund und Länder. 2027 wird die erste Abrechnung gemacht und sollte dann noch immer zu viel CO2 ausgestoßen werden, wird man „Emissionszertifikate“ kaufen müssen, welche die Menge an CO2, die zu viel in die Atmosphäre gepumpt wurde, kompensieren sollen. Einfach gesagt: Strafzahlungen für Verfehlung der Klimaziele.
Der Rechnungshof rechnet mit Strafen zwischen 4,6 und 9,214 Milliarden Euro, falls sich Österreichs Klimapolitik nicht drastisch ändern sollte. Auch das Finanzministerium geht von Strafzahlungen aus, rechnet aber in den offiziellen Berichten mit deutlich geringeren Beträgen im vierstelligen Millionenbereich.
Dass nicht mehr gegen den Klimawandel unternommen wird, ist nicht nur bezüglich der kommenden Strafzahlungen teuer für Österreich. Ein Temperaturanstieg, Unwetterereignisse und damit direkte Folgen des Klimawandels würden Österreichs Volkswirtschaft 2050 jährlich zwischen 4,2 und 5,2 Milliarden kosten. Sollte die Temperatur noch weiter in die Höhe gehen, könnten sich die Verluste sogar auf 8,8 Milliarden Euro jährlich belaufen, rechnet der Rechnungshof vor.
Die Kosten werden zwischen Bund und Länder im Verhältnis 80:20 aufgeteilt.
Was läuft schief mit den Klimazielen?
Projekte wie die Ökosozialsteuer greifen nicht weit genug und im EU-Schnitt wird vergleichsweise wenig investiert. Laut Rechnungshof ist der Klimaschutz schlecht abgestimmt zwischen den Ländern und dem Bund sowie zwischen den Ministerien.
Verkehr ist das größte Problem: Mit 47% der CO2-Emissionen ist er der Sektor, welcher am meisten zu den hohen Emissionen beiträgt. Verschiedene Interessen in der Politik sowie ein Wegschieben der Verantwortung erschweren zudem die Zusammenarbeit.
Österreich hatte eigentlich alle Voraussetzungen gesetzt für eine erfolgreiche Klimapolitik: Mit dem ehrgeizigen Ziel, schon bis 2040 klimaneutral zu sein, dem Erlassen des Klimaschutzgesetzes sowie dem Gründen eines Klimaschutzkomitees sollte der Weg in eine grüne Zukunft erleichtert werden. In der Realität hingegen fehlt es an vielem.
Zunächst einmal hinkt die Koordination des Klimaschutzes. Der Klimaschutzplan des Bundes deckt sich beispielsweise nicht mit dem Niederösterreichs. In Oberösterreich wiederum sind nicht alle Sektoren, die vom Bund im Rahmen des Klimaschutzgesetzes verpflichtet wurden, in der Strategie enthalten. Auch sind die Ziele laut Kritiker*innen nicht klar genug definiert – so sind die Pläne für viele Sektoren noch in weiter Ferne und zu groß, als dass einzelne sich dafür verantwortlich fühlen.
Die Rahmenbedingungen sind alles andere als zwingend für Politik und Wirtschaft: Das Brechen des Klimaschutzgesetzes hatte, wie bereits erwähnt, keine Konsequenzen und das Klimaschutzkomitee berichtet zwar regelmäßig dem Nationalrat über den Stand der Dinge, die Empfehlungen, die dieses ausspricht, sind allerdings für niemanden verpflichtend. Zudem sind die Klimaziele im Klimaschutzbericht des Umweltministeriums sehr allgemein benannt, wie beispielsweise „Ausbau erneuerbarer Energien“, also nicht sehr konkret.
Auch investiert Österreich im EU-Vergleich eher wenig von den EU-Geldern in klimafreundliche Projekte. Zum Vergleich: Österreich investiert ca. 24% der EU-Wiederaufbaugelder in grüne Projekte, wohingegen Finnland oder Dänemark mehr als 50% investieren.
Ein weiteres großes Problem ist, dass die Koalitionsparteien was größere Projekte betrifft, die den CO2-Ausstoß maßgeblich reduzieren beziehungsweise kompensieren könnten, oft unterschiedlicher Meinung sind. So wären die Grünen einer LKW-Maut offen gegenübergestanden, mit der Begründung, dass Österreich oft als beliebtes Transitland bei Warenverkehr dient. Die ÖVP hingegen unterstützte diese Idee nicht, sodass es zu keiner Realisierung kam.
Die großen Problemsektoren hinsichtlich ihres hohen CO2-Ausstoßes sind, neben dem bereits genannten Verkehr, der Energie und Industrie-, der Gebäude- sowie der Landwirtschaftssektor. In diesen Bereichen müssen Wege gefunden werden, oder die Bereitschaft auf Verzicht vorhanden sein, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren.
Was muss sich bessern um die Klimaziele zu erreichen?
Der Rechnungshof empfiehlt eine zentral koordinierte Klimapolitik, also eine engere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Außerdem wäre es wichtig mehr zu investieren, wenn wir jetzt nicht handeln, wird es in Zukunft teuer. Die Maßnahmen müssen zur Bekämpfung des Klimawandels tiefgreifender werden, denn solche wie das Plastiksackerlverbot, Radfahrerkampagnen oder die Ökosozialsteuer sind nicht ausreichend. Es ist also noch ein weiter Weg bis die Klimaziele in Österreich überhaupt erreicht werden können.