Wien wählt am Sonntag, also ist es keine schlechte Idee zu wissen, was für Parteien da wienweit am Wahlzettel stehen.
Wir haben uns alle Wahlprogramme (ca. 450 Seiten, einmal Werbematerial und einen Rap) für euch durchgelesen, um einen kompakten Überblick über jede Partei zu gestalten.
Was du grundsätzlich von jeder Partei erwarten kannst und welche zentralen Forderungen sie stellen, findest du in diesem Artikel. Dieser soll als Orientierungshilfe dienen, um ein besseres Gefühl für die Parteien zu bekommen. Natürlich ist es unmöglich in einem einzelnen Post eine Partei zur Gänze beleuchten.
Wenn ihr die Zeit findet, raten wir euch am besten die Wahlprogramme selber mal zu überfliegen oder eine weitere Möglichkeit zur Orientierung, wie z.B. die @wahlkabine.at in Anspruch zu nehmen.
SPÖ (derzeitige Regierung)
Die SPÖ, die in der zweiten Republik immer den Bürgermeister in Wien gestellt hat, geht es besonders um leistbares Leben bei dieser Wahl. Das Wahlprogramm knüpft daher an vielen schon geplanten Maßnahmen an: Wiener Klimafahrplan, Ausbau von geförderten Wohnungen, Ganztagschulen, Öffis & Radnetz, Klimacheck für Gesetze, Ausweitung der Initiative “Raus aus Gas”. Nur zum Punkt Budgetsanierung wird man nicht fündig.
Konkrete Punkte aus dem Wahlprogramm der SPÖ
- Bau des Lobautunnels
- Fixe Sprachförderkraft für jeden Kindergarten mit Bedarf
- Ausbau von Projekten wie “Mama lernt Deutsch”
- Einsatz für ein modernes Staatsbürger:innenschaftsrecht, “Demokratische Mitbestimmung unabhängig vom Pass”
- Einführung einer Leerstandsabgabe
- Leichtere Unternehmensgründung und Entlastung für KMU
- Sprachförderung, Bewerbungstraining und Beratung für junge Arbeitssuchende
- Verbot aller Formen von Konversionstherapien
- Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h für motorisierte Fahrzeuge auf Radwegen
ÖVP / Volkspartei
Die ÖVP will am Sonntag mit den Kernthemen Sicherheit, Migration, Integration und der Entlastung von Unternehmen überzeugen. Auch der Umgang mit „Brennpunktbezirken“, den Deutschkenntnissen an Wiener Schulen und ein Umdenken bei Sozialleistungen und Förderungen steht am Programm. Die „Leitkultur“ soll bereits im Kindergarten verpflichtend vorgelebt werden. Mehr Sicherheit soll durch verstärkte Videoüberwachung, bessere Beleuchtung und der Einführung einer außerpolizeilichen „Stadtwache“ erreicht werden.
Konkrete Punkte aus dem Wahlprogramm der ÖVP
- Polizeiliche Taskforce zur Überwachung von Unsicherheitszonen
- Sozialleistungen bei Ablehnung eines Asylverfahrens & bei subsidiär Schutzberechtigten auf Grundversorgung reduzieren
- Erweiterung der Stadtverfassung um ein Bekenntnis gegen jegliche Form des Antisemitismus
- Umsetzung des UNESCO-Managementplans zum Erhalt des Weltkulturerbes
- Verpflichtende Sprachförderung ab frühem Kindesalter
- Zugang zu anonymisierten städtischen Daten zur Förderung von KI-Projekten einrichten
- Entbürokratisierung in Verwaltung, Baubranche und Bildung
- Kopftuchverbot in Schulen für Mädchen unter 14 Jahren
Die Grünen
Wien soll grüner werden, indem mehr Bäume gepflanzt, Fassaden sowie Dächer begrünt und Betonflächen entsiegelt werden. Eine Verkehrswende durch den Ausbau der Fahrrad-infrastruktur sowie Öffis wird gefordert. „Supergrätzl“ sollen geschaffen werden, um Stadtviertel durch Begrünung und Verkehrsberuhigung neu zu beleben, z.B. temporäre Fußgängerzonen am Wochenende. Beim Thema Bildung fordern sie ein neues Anmeldesystem für Schulen für eine bessere soziale Durchmischung und setzen auf eine deckende Sprachförderung bereits im Kindergarten durch fixe Sprachförderkräfte.
Konkrete Punkte aus dem Wahlprogramm der Grünen
- Bim-Netzwerk um ein Drittel (61 km) ausbauen
- Gegen den Bau des Lobautunnels
- Öffi-Jahreskarte um 79€ für alle unter 26
- 7.000 geförderte Wohnungen jährlich (derzeit nur 2.500 p.J.)
- In 5 Gehminuten soll von überall Grünraum erreichbar sein
- Kostenloses Therapieangebot für junge Menschen
- Antifaschistische und deradikalisierende Bildungsarbeit
- Ein Integrationszentrum in jedem Grätzl
NEOS (derzeitige Regierung)
Ein ”g’scheites Wien” durch Bildungsreformen. Zentrale Punkte sind die individuelle Förderung jedes Kindes & Wahlfreiheit im Bildungssystem. Entlastung von Unternehmen durch Bürokratie-abbau und die Senkung der Lohnnebenkosten beim Bund einfordern. Investitionen in Digitalisierung, Wissenschaft und Forschung – z.B. Simulation nachhaltiger Maßnahmen für Be-grünung. Umsetzung von “Supergrätzel”. Projekte zur Umwelt- und Klimawandelanpassung mit Beteiligung von Bürger:innen. Erlernen der deutschen Sprache und bedingungslose Akzeptanz unserer Grundwerte als “Schlüssel für gelungene Integration”.
Konkrete Punkte aus dem Wahlprogramm der NEOS
- KI-gestützte Risikoanalysen für fundierte Entscheidungen
- “Chancenindex” für eine gezielte Förderung von Kindern
- Digitale Alternativen zu Behördengängen bei allen Ämtern
- Entflechtung der Kompetenzen zwischen Bund und Land
- Schrittweise Streichung Wohnbauförderungsbeitrags & Kommunalsteuer – Reduktion Unfallversicherungsbeitrags
- “Wiener Viertelstunde”: alle nötigen Wege in 15 min. machbar
- “Lange Nacht der Märkte” zweimal im Jahr
- Ablehnung einer Leerstandsabgabe
- Verpfichtendes zweites Kindergartenjahr bei Deutschdefizit
FPÖ
Info: FPÖ hat kein Wahlprogramm zur Wien-Wahl veröffentlicht, als Alternative wurde die Wahlwerbung zusammengefasst.
Als Kernthema fordert die FPÖ, dass die Mindestsicherung für “Zuwanderer und Asylanten” gestrichen werden sollen. Dieses Geld will man in die Bereiche Pensionen, Gesundheit und Polizei verlagern. 700 Mio. € werden hier genannt. Anm.: 2023 gab Wien 806 Mio. € für die Mindestsicherung aus, Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte waren 44,1% der Bezieher:innen.
Konkrete Punkte aus dem Werbematerial der FPÖ
- Schnellstmöglicher Bau des Lobautunnels
- “Screenings” bei jedem dreijährigen Kind – bei einem Deutschdefizit soll es gezielte Förderungen geben
- “Bootcamps” für Schüler:innen, die dauerhaft den Untericht stören oder verweigern, sowie Konsequenzen für Eltern
- Gemeindebauten nur für österreichische Staatsbürger:innen
- Corona-Untersuchungskommission
- Gratis Öffi-Ticket für alle ab 65
- Strafmündigkeit auf 12 Jahre runtersetzen
- Einführung einer SOKO Jugendbanden
- Asylstopp & Beendigung des Familiennachzugs
- “Wirksame Gesetze” gegen den “woken Wahnsinn”
Team HC Strache
Kein Wahlprogramm, sondern nur einen Wahlrap für die Wien–Wahl findet sich online vom Team HC Strache. In diesem werden die Themen Sicherheit, Migration, Asyl und Sozialleistungen “besungen”. Wien sei unsicher geworden und man will dies ändern. Strengere Maßnahmen bei Sicherheitsthemen. Diese Themen sind auch in den Äußerungen von Strache selbst im Vorfeld der Wahl am häufigsten angesprochen worden.
Konkrete Punkte aus dem generellen Grundsatzpapier des Team HC Strache, welche relevant sind für die Wien-Wahl
- “Deutsch vor Schuleintritt” & “Deutsch als Pausensprache”
- Schaffung von sozialen und leistbaren Wohnungen
- Vorrangiges Anspruchsrecht für österreichische Staatsbürger bei der Vergabe von Wohnungen
- Kein Recht auf soziale Wohnungen für Nicht-EU-Bürger
- Wahlrecht soll ausschließliches Staatsbürgerrecht bleiben
- Tierschutz als Schulfach zur Bewusstseinsbildung
KPÖ & LINKS
Die Zusammensetzung KPÖ und LINKS besteht in Ihrem Programm auf die Kernthemen Wohnen, Gesundheit, Klima, Bildung, politisches Mitspracherecht und Inklusion. Das soziale Menschenrecht (leistbarer) Wohnraum wird vom Bündnis eingefordert. Gemeinsam mit einer kostenlosen Energiegrundsicherung sollen Vermieter:innen, Mehrverbraucher:innen und Spekulant:innen Kosten übernehmen. Wohnungen sollen außerdem durch ein „Pickerl“ auf ihren Zustand geprüft und das Wahlrecht auf Gemeindeebene für alle Menschen ab einjährigem Lebensmittelpunkt in Wien zugänglich gemacht werden.
Konkrete Punkte aus dem Wahlprogramm von KPÖ & LINKS
- Überprüfung der Einhaltung von Mietzins-Obergrenzen
- Bekämpfung der strukturellen Ungleichheit im medizinischen Verständnis des menschlichen Körpers als männlicher Körper
- Schaffen attraktiver Arbeitsbedingungen im Gesundheitsbereich durch Arbeitszeitverkürzung und höheren Personalschlüssel
- Sofortiger Stopp des Lobau-Tunnel-Projekts & Investition der vorgesehenen 2 Mrd. € in den öffentlichen Verkehr
- Neuaufstellung der Deutschförderung, kostenlos zugängliche Deutschkurse
- Gewaltprävention soll vom Schulalter aufwärts ausgebaut werden
- Konkretes Mitspracherecht für BürgerInnen über Bauprojekte und Stadtplanung in Ihrem Grätzl