Jede Frau kennt ihn und hat ihn schon mal auf sich gespürt: den berühmt berüchtigten Male Gaze. Sobald sich eine Frau sexy mit enganliegender Kleidung und hohen Schuhen vor den Augen der Männer bewegt, klebt der sogenannte männliche Blick (Male Gaze) auf ihr.
Was ist die Male Gaze Theory
In der feministischen Filmtheorie beschreibt der Male Gaze die männliche, heterosexuelle Perspektive auf die Frau und gilt als die Handlungsweise des Regisseurs.
The Male Gaze Theory. Wenn man diesen Begriff liest, wissen nur die wenigsten, wovon die Rede ist. Auch du bist schon mal damit in Berührung gekommen, auch wenn es dir vielleicht nicht bewusst war. Mit langsamen Nahaufnahmen gleitet die Kamera in Filmen, Werbung und Musikvideos den weiblichen Körper entlang. Dieses sexuelle Objekt Frau muss vor allem den männlichen Ansprüchen an eine Frau entsprechen. Sie muss dem männlichen Betrachter gefallen.
Der weibliche Körper wird genutzt, um den Mann zu erfreuen. Während dann Frauen sexy, mit enger, kurzer und meistens unangemessener Kleidung gezeigt werden, wird der Mann beispielsweise in einem angemessenen, edlen Anzug gefilmt. Mit diesem Bild der Frau wird uns vorgeführt, wie man als weibliche Person zu sein hat und wie man aussehen muss, um den Mann begeistern zu können.
Es werden drei Perspektiven unterschieden in der Theorie des Male Gaze: erstens, die der Kamera auf die aktuelle Handlung, zweitens die der Zuschauer:innen auf die Handlung und zu guter Letzt die des männlichen Akteurs in diesem Geschehen.
Auswirkungen des männlichen Blickes
Frauen werden in unserer Gesellschaft oftmals nur auf ihre äußerlichen Aspekte reduziert. Dadurch wird ihnen ihre Menschlichkeit abgesprochen. Sie existieren demnach nur, um der Männerwelt zu gefallen.
Bei fast allen erfolgreichen Filmen, die unter männlicher Regie entstanden sind, wird die weibliche Akteurin so dargestellt, dass sich die Zuschauer an ihr ergötzen können.
Ob es Megan Fox in Transformers ist oder ob man die verschiedenen Bond Girls in den jeweiligen Filmen näher betrachtet, kommt immer eine ähnliche Präsentation der Frau vor.
Harley Quinn in Suicide Squad ist ein perfektes Beispiel für diese Theorie. Obwohl Harley in den Comics mit einem Clown-Kostüm beschrieben wird, wird sie in der Verfilmung fast nackt, in sehr kurzer Kleidung und mit einem tiefen Ausschnitt gezeigt.
Die Perfekte Darstellung, um die Begeisterung der männlichen Zuschauerschaft zu steigern. In allen Lebenslagen begegnet uns der Male Gaze: in Filmen, Werbung, Büchern, Magazinen, usw.
Auch sind Schönheitsideale für Frauen stark auf den männlichen Blick ausgerichtet. Frauen werden dabei auf ihr Aussehen reduziert, verlieren vollständig den Sinn für Menschlichkeit und haben eine eigene Persönlichkeit, nicht nur eine Persönlichkeit, die den Mann ergänzt.
Der Male Gaze bei Männern
Auch für Männer setzt der Male Gaze gewisse Standards.
Wir sind darauf konditioniert zu glauben, dass Männer wie Chris Evans, Vin Diesel oder Chris Hemsworth der Inbegriff des perfekten Mannes sind. Die starken, maskulinen, männlichen Männer passen mit ihren breiten Schultern kaum durch die Tür.
Männer müssen immer stark wirken, die Frau beschützen und die perfekte Kampftechnik besitzen.
Sie dürfen nicht weinen oder ihre Gefühle preisgeben. Anders ist es in der Darstellung der LGBTQIA+- Community, in der Männer üblicherweise als genaues Gegenteil präsentiert werden. Gefühlvoll, schwach und meistens mit ausgefallenen und bunten Outfits.
Was ist die Female Gaze Theory
Der Female Gaze wurde erstmals von der feministischen Filmtheoretikerin Laura Mulvey verwendet und beschrieben, um dem Male Gaze in Filmen entgegenzuwirken. Uns ist vermutlich allen klar, dass dieser weibliche Blick dem männlichen Blick diametral gegenübersteht. Die Protagonistinnen werden also nicht als begehrenswerte Objekte, sondern als Wesen mit Charakter und Persönlichkeit gezeigt.
Wieder zurück zum sehr passenden Beispiel von Harley Quinn, die in dem Film Birds of Prey, der von Frauen (Cathy Yan und Christina Hodson) inszeniert und geschrieben wurde, erneut diesmal in der Hauptrolle als Harley Quinn zu sehen ist. Hierbei wurde Harley durch den weiblichen Blick gezeichnet. Diese Art von Darstellung hat die männliche Aufmerksamkeit, wie erwartet, stark gesenkt und ihren Charakter an Anziehungskraft für Männer verlieren lassen.
Vom einen auf den anderen Moment war die heiße, halbnackte, verrückte Tussi, die Männer verrückt gemacht hat nicht mehr so interessant. Sie war nun einfach ein verrücktes Mädchen, weil sie Hosen statt Höschen trug und eher karikaturistisch als pornohaft gezeigt wurde. Im Zuge solcher Beispiele wird klar, dass Filmregie auch möglich ist, ohne die Frau als Objekt der Begierde darzustellen.
In unserem Alltag unterscheiden sich diese zwei Blicke dauernd. Medien zeigen deutlich, dass, wenn eine Frau nicht als Sexobjekt dargestellt wird, die Information oder Werbung nicht auf Männer ausgerichtet ist.
Wie der Female Gaze in der Realität zu Tage kommt
Wenn wir an die aktuelle Mode denken, wird uns ein großer Unterschied zwischen der Mode, die Frauen bevorzugen und dem, was Männer bei Frauen präferieren, auffallen. Statt High Heels, enger Kleidung und Sommerkleidern genießen Frauen üblicherweise eher Mom-Jeans, Creepers und lockerere, formlose Oberteile.
In der Frauenwelt ist diese Weise sich anzuziehen stilvoll und modisch. Die traditionellen männlich geprägten Bilder von Frauen existieren und werden so schnell nicht verschwinden. Aber genau mit dieser Methode des Female Gaze kann man diesen Bildern entgegenwirken.
Gastartikel von Hannah Minichshofer