Regierung Nehammer // floomagazin

Die (fast) neue Regierung Nehammer

Nach fast zwei Monaten endet die Ära Schallenberg in Österreich. Alexander Schallenberg wanderte vom Bundeskanzleramt zurück ins Außenministerium und fast innerhalb einer Woche steht die Regierung Nehammer. Fünf neue Minister sowie mehrere Rückzüge aus der Politik, darunter der ehemalige Kanzler Sebastian Kurz, der ehemalige Finanzminister Gernot Blümel und der ehemalige Bildungsminister Heinz Faßmann, sind die Bilanz.

In Österreich sind Regierungsbildungen und allgemein Regierungswechsel keine Seltenheit mehr. In den beiden Jahren 2020 und 2021 gab es insgesamt vier Regierungen mit vier verschiedenen Bundeskanzler*innen:

  • Regierung Bierlein // bis 7. Jän. 2020
  • Regierung Kurz II // bis 11. Okt. 2021
  • Regierung Schallenberg // bis 6. Dez. 2021
  • Regierung Nehammer // aktuelle Regierung (Stand 5. Jän. 2022)

Welche Rücktritte gab es?

Auslöser für die Regierungsumbildung war der Rückzug von Altkanzler Sebastian Kurz als Klubobmann und Parteiobmann der ÖVP und allgemein aus der Politik. Auf Kurz folgten Finanzminister Blümel, Bildungsminister Faßmann und Außenminister Linhart mit Rücktritten.

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Sebastian Kurz,
ehemaliger Bundeskanzler

Sebastian Kurz (ÖVP) verkündigte am 2. Dezember 2021 seinen Rückzug aus der Politik und damit auch das Ablegen seiner Ämter des ÖVP-Parteichefs sowie des Parlamentsklubobmanns der ÖVP. Kurz trat als Bundeskanzler schon Anfang Oktober zurück, ausgehend von der Inseratenaffäre.

Als Hauptgrund für seinen Rückzug aus der Politik nannte Kurz die Geburt seines ersten Kindes.

Gernot Blümel (ÖVP) war vom 7. Jänner 2020 bis zu seinem politischen Rückzug am 6. Dezember 2021 als Finanzminister tätig. Blümel stand die letzen Monate unter anderem wegen der Causa Casino sowie der Inseratenaffäre stark unter Kritik.

Blümel zieht sich laut eigenen Angaben nicht wegen den Vorwürfen aus der Politik zurück, sondern wegen seiner Familie.

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Gernot Blümel,
ehemaliger Finanzminister & ÖVP-Wien Chef
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Heinz Faßmann,
ehemaliger Bildungsminister

Heinz Faßmann (parteilos, von der ÖVP nominiert) war vom 7. Jänner 2020 bis zu seinem Rücktritt am 6. Dezember 2021 als Bildungsminister tätig. Der Rücktritt erfolgte im Zuge der Regierungsumbildung.

Der ehemalige Bildungsminister stand schon die Woche davor immer wieder unter scharfer Kritik bezüglich des Corona-Managements an Schulen und Universitäten. Oft habe es an konkreten Plänen und Voraussicht gefehlt, so Kritiker*innen.

Micheal Linhart (ÖVP) war vom 11. Oktober bis zum 6. Dezember 2021 Außenminister. Er übernahm das Amt im Oktober von Schallenberg, als dieser Bundeskanzler wurde, und übergab Schallenberg wieder das Amt, als dieser sein Amt als Kanzler ablegte.

Linhart ist wieder als Botschafter tätig und nun in Berlin.

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Micheal Linhart,
ehemaliger Außenminister

Wie schaut die Regierung Nehammer nun aus?

Ehemaliger Innenminister Karl Nehammer ist nun Bundeskanzler der 35. Bundesregierung Österreichs. Die neuen Player dabei sind: Martin Polaschek (davor Rektor der Uni Graz) als Bildungsminister. Magnus Brunner (davor Staatssekretär im Umweltministerium) als Finanzminister. Gerhard Karner (davor Zweiter Landtagspräsident in NÖ) als Innenminister.

Die Regierung Schallenberg und die nun neue Regierung Nehammer unterscheiden sich nicht so gravierend wie man vielleicht denken mag. Vier neue Minister, ein neuer Kanzler und viele bekannte Gesichter.


Folgende Änderungen gab es bei der Regierungsumbildung:

  • Karl Nehammer (ÖVP)
  • Alexander Schallenberg (ÖVP)
  • Gerhard Karner (ÖVP)
  • Magnus Brunner (ÖVP)
  • Martin Polaschek (parteilos, von der ÖVP nominiert)

Die restlichen Ministerien bleiben unverändert:

  • Werner Kogler (Grüne) // Vizekanzler // Minister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
  • Martin Kocher (parteilos, von ÖVP nominiert) // Arbeitsminister
  • Margarete Schramböck (ÖVP) // Wirtschaftsministerin
  • Alma Zadić (Grüne) // Justizministerin
  • Klaudia Tanner (ÖVP) // Verteidigungsministerin
  • Elisabeth Köstinger (ÖVP) // Tourismusministerin
  • Wolfang Mückstein (parteilos, von Grünen nominiert) // Gesundheitsminister
  • Susanne Raab (ÖVP) // Frauenministerin
  • Karoline Edtstadler (ÖVP) // EU-Ministerin

Wie geht es mit der Regierung Nehammer weiter?

Die mehrfachen Kanzlerwechsel senden kein stabiles Zeichen der Politik in Zeiten einer Pandemie. Auch zeichnen die aufkommenden Vorwürfe rund um Korruption innerhalb der Parteien definitiv kein vertrauenswürdiges Bild.

Laut Bundeskanzler Nehammer soll zukünftig bei der Pandemiebekämpfung auf den Dialog und die Wissenschaft gesetzt werden. Der allgemeine Kurs der Regierung (ausgehend von der Regierung Kurz) soll jedoch fortgesetzt werden.

2021 war ein sehr turbulentes Jahr für die österreichische Politik. Geprägt von Affären, wie der Inseratenaffäre, und Korruptionsaffären. Es gilt, diese Sachverhalte aufzuklären und verlorenes Vertrauen wieder herzustellen, wie schon Bundespräsident Alexander Van der Bellen in einem Statement zur Regierungsumbildung sagte.

Durch die neue Regierung Nehammer lösen sich die bestehenden Probleme und Anschuldigungen an die Regierung nicht auf. Es ist entscheidend, wie mit diesen Thematiken umgegangen wird und ob die Justiz frei untersuchen kann, inwiefern die Anschuldigungen sich als wahr/unwahr herausstellen.

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Karl Nehammer & Werner Kohler im Parlament // Regierung Nehammer // © Parlamentsdirektion, Thomas Topf

Was sind die ersten Schritte der Regierung?

Es wurde ein Krisenstab für die „Gesamtstaatliche Covid-Krisenkoordination“, auch „Gecko“ genannt, ins Leben gerufen. Zudem wies Kanzler Nehammer den Appell der Kirche zurück, dass man zu Weihnachten Flüchtlinge aufnehmen sollte.

Die Regierung Nehammer ist noch sehr frisch und gerade zu Weihnachten/Silvester ist das Aktivitätslevel in der Politik nicht das höchste. Es entstanden trotzdem zwei Themen, an denen man ableiten könnte, welchen Kurs die Regierung Nehammer im neuen Jahr 2022 einschlagen wird.

Mitte Dezember präsentierte die Regierung Nehammer den neuen Krisenstab: die neue „Gesamtstaatliche Covid-Krisenkoordination“, oder kurz gesagt: „Gecko“. Expert*innen sollen über die aktuelle Lage der Pandemie beraten, um beim Pandemiemanagement helfen zu können.

Die Errichtung des Krisenstabs wird von vielen begrüßt und auch als nötig erachtet.

Bei der österreichischen Bischofskonferenz zu Weihnachten wurde die Bitte an die Regierung näher gebracht, dass man 100 Flüchtlingsfamilien in Österreich aufnehmen solle. Bundeskanzler Nehammer entschied sich gegen die Bitte mit der Begründung, dass Österreich schon genug tun würde, wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen geht und fordert, dass andere Mitgliedsländer der EU mehr leisten sollten bei der Aufnahme von Flüchtlingen.

Während der Stil beim Pandemiemanagement ruhiger und weniger selbstinszeniert wirkt, fährt die ÖVP weiterhin mit der Regierung Nehammer die altbekannte härtere Linie, wenn es um Migrationsfragen geht.

Wie denkt das Volk?

Bei der PULS 24 Sonntagsfrage rutscht die ÖVP mit 23% hinter die SPÖ mit 26%. Mit 20% schnitt die FPÖ besser ab, als bei der Nationalratswahl 2019. Die Grünen stehen bei 12% (ein kleiner Verlust) und die NEOS klettern auf 12%.

Das Ergebnis der PULS 24 Sonntagsfrage im Vergleich zu dem Ergebnis der Nationalratswahl 2019 (NRW 2019).

  • ÖVP 23% // 37,5% bei NRW 2019
  • SPÖ 26% // 21,2% bei NRW 2019
  • FPÖ 20% // 16,2% bei NRW 2019
  • Die Grünen 12% // 13,9% bei NRW 2019
  • NEOS 12% // 8,1% bei NRW 2019