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ÖVP-Inseratenaffäre: Worum geht es da eigentlich?

floo.Kurzfassung

  • Ermittlungen der Ibiza-Causa geben Einblicke in das Smartphone von Thomas Schmid (ÖVP) – damals Generalsekretär des Finanzamts.
  • Es werden über 3000 Chat-Nachrichten bekannt, die Hinweise auf möglicherweise illegale Aktionen im Finanzministerium zugunsten Sebastian Kurz geben.
  • Inserate sollen als Gegenleistung für redaktionellen Einfluss (z.B. positive Berichterstattung über Kurz) geschaltet worden sein. So soll Meinungsforscherin Sabine Beinschab mit der Erstellung gefälschter Umfragen beauftragt worden sein.

Was ist die ÖVP-Inseratenaffäre?

Eine der aktuellsten Causae der Regierung ist die ÖVP-Inseratenaffäre. Dabei hat sie ihren Ursprung bereits im Jahr 2016 – vor der Wahl und dem Aufstieg von Sebastian Kurz und der „neuen Volkspartei“.

Die ÖVP-Inseratenaffäre markiert also den Beginn der „Ära Kurz“, wenn man so will und ist auch unter anderem für seinen Rücktritt als Bundeskanzler vier Jahre später im Oktober 2021 ausschlaggebend.

Die WKStA ermittelt gegen 10 Hauptverdächtige. Es geht um Bestechlichkeit, Korruption und Untreue. Wir schauen uns die wichtigsten Punkte zur ÖVP-Inseratenaffäre in diesem Artikel an. [1,7,8]

Worum geht es in der ÖVP-Inseratenaffäre?

Vertraute von Sebastian Kurz (ÖVP) sollen 2016 und 2017 vom Finanzministerium finanzierte Inserate in den Tageszeitungen „Österreich“ und „OE24“ als Gegenleistung für redaktionellen Einfluss (z.B. positive Berichterstattung über Kurz) geschaltet haben. Die Inseratenaffäre führte schließlich zum Rücktritt von Sebastian Kurz als Bundeskanzler im Oktober 2021. [1,2,10]

ÖVP-Inseratenaffäre - Johannes Frischmann

Johannes Frischmann
Und nur für dich: zahlen sind in schwankungsbreite frisiert.

28. Jänner 2017 / 14:14

Thomas Schmid
👍👏

ÖVP-Inseratenaffäre - Thomas Schmid

Tüchtig

14:14

ÖVP-Inseratenaffäre - Johannes Frischmann

Johannes Frischmann
Wir schneiden schlechter ab als SPÖ

Da habe ich umgedreht.

14:14

Zu diesen Vertrauten gehörten Thomas Schmid und Johannes Frischmann. Thomas Schmid war 2015-2021 Generalsekretär des Finanzministeriums. Johannes Frischmann war bis 2017 Pressesprecher des Finanzamts und ab Juni 2017 Pressesprecher von Sebastian Kurz. Beide hatten also hohe Positionen inne und sollen den mutmaßlichen Geldfluss vom Finanzministerium zur Finanzierung der Inserate (mit-) ermöglicht haben. [16,17]

Was ist das Problem in der ÖVP-Inseratenaffäre?

Das Budget für die Inserate und Studien soll rechtswidrig aus dem Finanzministerium abgezweigt worden sein, um u.a. Meinungsforscherin Sabine Beinschab mit der Erstellung gefälschter Umfragen zu beauftragen. Somit wären öffentliche Gelder (Steuergelder) von Personen im öffentlichen Dienst für den privaten Vorteil missbraucht worden.

Des Weiteren wirft man Sebastian Kurz vor, seine eigenen Interessen über die der Demokratie gestellt zu haben, denn mit den manipulierten Umfragen soll die bestehende Regierung (SPÖ, ÖVP) und Parteiobmann Mitterlehner (ÖVP) mutmaßlich sabotiert worden sein, damit Sebastian Kurz selbst zum Parteichef und Bundeskanzler aufsteigen konnte. [1,2,7,9]

ÖVP-Inseratenaffäre - Thomas Schmid

Thomas Schmid (an Sebastian Kurz)
Du hast eine Budget Steigerung von über 30%! Das haben wir NUR für dich gemacht. Über 160 Mio mehr! Und wird voll aufschlagen. Du schuldest mir was :-)))! LG t

11. April 2016 / 16:51

Wie kam es zur ÖVP-Inseratenaffäre?

Durch die Ibiza-Causa losgetretene Hausdurchsuchungen geben unter anderem Einblicke in das Smartphone von Thomas Schmid (ÖVP), dem damaligen Generalsekretär des Finanzamts. Es werden über 3000 Chat-Nachrichten bekannt, die Hinweise auf möglicherweise illegale Aktionen im Finanzministerium zugunsten Sebastian Kurz geben. Sebastian Kurz gerät durch mutmaßliche Falschaussagen in der Ibiza-Affäre selbst in ein Ermittlungsverfahren – die Inseratenaffäre wird losgetreten. [1,8,9,10]

Beschuldigte in der ÖVP-Inseratenaffäre

(Es gilt die Unschuldsvermutung) [1,7]

  • Sebastian Kurz (damaliger Außenminister)
  • Wolfgang Fellner (Herausgeber von „Österreich“)
  • Helmuth Fellner (Finanzchef von „Österreich“)
  • Thomas Schmid (damaliger Generalsekretär des Finanzministeriums)
  • Sabine Beinschab (Meinungsforscherin)
  • Sophie Karmasin (Meinungsforscherin & damalige Familienministerin)
  • Stefan Steiner (damaliger Generalsekretär, ÖVP)
  • Gerald Fleischmann (Medienbeauftragter von Kurz)
  • Johannes Frischmann (damaliger Pressesprecher des Finanzamts)
ÖVP-Inseratenaffäre Grafik - Rollenverteilung der Beschuldigten
Rollenverteilung der Beschuldigten – Grafik: Inkscape-is-fun

Verlauf der ÖVP-Inseratenaffäre

2016-2018

Bereits 2016 sollen Sebastian Kurz und weitere Mitarbeiter der ÖVP sich mit dem Projekt „Ballhausplatz“ (dem Platz vor dem BKA) für den Aufstieg von Kurz zur Parteispitze eingesetzt haben. Sebastian Kurz war damals Außenminister. [1,4,8]

2016 soll Thomas Schmid (ÖVP), der damalige Generalsekretär des Finanzamts, beauftragt worden sein, mit der Mediengruppe Österreich zu verhandeln, um Inserate zur Imageaufbesserung von Sebastian Kurz zu schalten. [1,9]

Von 2016-2018 sollen Umfragen zugunsten Kurz von der Meinungsforscherin Sabine Beinschab manipuliert worden sein. Die damalige Familienministerin Sophie Karmasin soll während ihrer Zeit als Ministerin Provisionen für vermittelte Aufträge aus anderen Ministerien verlangt und zwischen Sabine Beinschab, der ÖVP und der Mediengruppe Österreich vermittelt haben. [1,9]

Was ist die Mediengruppe Österreich?

Die Mediengruppe Österreich umfasst die Tageszeitung „Österreich“, die Magazine und Bücher sowie das Online-Portal, den TV-Sender und Radiosender „OE24“. Herausgeber sind die Brüder Wolfgang und Helmuth Fellner.

Mit den „frisierten“ Umfragen soll der damalige ÖVP-Parteiobmann Reinhold Mitterlehner demontiert und Sebastian Kurz als der „bessere Kandidat“ für die Zukunft der ÖVP platziert worden sein. [1,6]

Ein weiterer Punkt in der ÖVP-Inseratenaffäre ist die mutmaßliche „Bombardierung“ der Großen Koalition zwischen ÖVP und SPÖ. So soll unter anderem das in den Startlöchern stehende „Kinderbetreuungsprojekt“ (gratis Nachmittagsbetreuung) der zu diesem Zeitpunkt mitregierenden SPÖ sabotiert worden sein. [1,5,6]

Thomas Schmid
Wir müssen bei Banken aufpassen. Die [Kern und Mitterlehner] wollen […] 1,2 Mrd für nachmittagsbetreuung mit Rechtsanspruch und Vereinbarungen Bund Gemeinden ohne Länder! Mega Sprengstoff!

ÖVP-Inseratenaffäre - Thomas Schmid
ÖVP-Inseratenaffäre - Sebastian Kurz

Sebastian Kurz
Gar nicht gut!! Wie kannst du das aufhalten?

Kann ich ein Bundesland aufhetzen?

Thomas Schmid
Das Programm ist nämlich echt geil

ÖVP-Inseratenaffäre - Thomas Schmid

Aber das muss einer von unseren machen!!!

Nach dem Rücktritt von Parteiobmann Reinhold Mitterlehner spricht sich Sebastian Kurz im Mai 2017 für Neuwahlen aus. Am 1. Juli 2017 wird Sebastian Kurz zum Parteichef der ÖVP gewählt – mit 97,3% Zustimmung. [1,3,6]

Am 15. Oktober 2017 gewinnt die ÖVP die Nationalratswahl mit 31,6%. Die ÖVP und FPÖ (26%) bilden eine Koalition. [1,6]

2019

Im März 2019 wird Thomas Schmid Alleinvorstand der Staatsholding ÖBAG. Angeblich soll der Ausschreibungsprozess zu seinen Gunsten verlaufen sein. [1,6]

Was ist die ÖBAG?

Die Österreichische Beteiligungs AG, kurz ÖBAG, verwaltet die Beteiligungen der Republik Österreich an einigen börsennotierten Unternehmen. (Wikipedia)

Im Mai 2019 zerfällt die Koalition zwischen ÖVP und FPÖ aufrund des Ibiza-Skandals. Wenige Tage nach dem Ibiza-Skandal soll ein Mitarbeiter von Sebastian Kurz beauftragt worden sein, Festplatten zu schreddern. [6,11]

Es werden Neuwahlen ausgerufen – kurzfristig wird eine Expert*innenregierung unter Brigitte Bierlein einberufen. Im Sommer 2019 kommt es zu mehreren Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit der Ibiza-Affäre, wo unter anderem Chats und Nachrichtenprotokolle sichergestellt werden konnten. [6,10]

2021

Im Zuge der Ermittlungen gegen Thomas Schmid (damaliger Generalsekretär des Finanzamts) in der Ibiza-Affäre konnten Chats sichergestellt werden, die Einblicke in die parteiinterne Kommunikation der ÖVP in der Zeit zwischen 2016 und 2018 ermöglichten. Ab Oktober 2021 ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) [1,7]

Die Brüder Wolfgang & Helmuth Fellner (Herausgeber & Finanzchef der Mediengruppe Österreich) werden der Bestechlichkeit beschuldigt. Es gilt die Unschuldsvermutung. [1,5,7]

ÖVP-Inseratenaffäre - Thomas Schmid

Thomas Schmid
Liebe Fellners, ausgemacht war: DO: BREXIT. Sa: Maschinensteuer. So. wirtschaftskompetenz und Standort, schuldenabbau und Einsatz von Steuergeld. Erschienen ist jedoch – private Story von Schelling. Das ist eine echte Frechheit und nicht vertrauensbildend. Wir sind echt sauer!!!! Mega sauer.

27. Juni 2016 / 15:06

Wolfgang Fellner
Versteh ich voll – melde mich in 30 minuten – mache jetzt volle doppelseite ueber umfrage am mittwoch. Okay? Wolfgang fellner

15:10

ÖVP-Inseratenaffäre - Wolfgang Fellner

Alexander Schallenberg (ÖVP) ersetzt Sebastian Kurz ab 11. Oktober 2021 als Bundeskanzler, nachdem der Koalitionspartner (Grüne) sich für den vorzeitigen Rücktritt des Bundeskanzlers ausgesprochen hatte. Am 17. November 2021 wird Sebastian Kurz Immunität durch einen einstimmigen Beschluss des Nationalrats aufgehoben. [1,14]

Am 2. Dezember 2021 gibt Sebastian Kurz seinen Rückzug aus der Politik bekannt und nimmt wenige Wochen später einen Job im Silicon Valley an. Wenige Tage später treten auch Gernot Blümel (ÖVP), der als Finanzminister in die Causa Casinos verwickelt war/ist und Alexander Schallenberg (ÖVP), der kurzzeitige Nachfolger von Sebastian Kurz, zurück. [1,4,6]

2022

Am 3. März 2022 wird die Festnahme der früheren Familienministerin (2013-2017) Sophie Karmasin durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bekannt. Ende März 2022 wird sie aus der U-Haft wieder entlassen. [1,15,18]

Im August 2022 forderte die Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA) das Bundeskanzleramt (BKA) auf E-Mail Postfächer und Festplatten bereitzustellen, auf denen Informationen / Beweise vermutet werden. Das BKA lehnte diese Aufforderung ab, da die Vorwürfe zu „unkonkret“ seien.

Auswirkungen der ÖVP-Inseratenaffäre

  • Rücktritt Sebastian Kurz (ÖVP) als Bundeskanzler (Oktober 2021)
  • Rückzug Sebastian Kurz aus der Politik (Dezember 2021)
  • Rücktritt Gernot Blümel (ÖVP) als Finanzminister (Dezember 2021)
  • Alexander Schallenberg (Außeminister) vertritt Sebastian Kurz als Bundeskanzler (Oktober 2021 – Dezember 2021)
  • ÖVP verliert in Umfragen an Wählerstimmen
  • ÖVP U-Ausschuss wird eingesetzt (Dezember 2021)