Österreichweit verlassen weit mehr als zwei Millionen Erwerbstätige täglich ihren Heimatort, um ihrer Tätigkeit nachzugehen, rund 35.000 Studierende pendeln jeden Tag in ein anderes Bundesland, um ihre Ausbildung fortzuführen. Viele davon nutzen die öffentlichen Verkehrsmittel, um von A nach B zu kommen. Allein im letzten Jahr sind 295 Millionen Fahrgäste im Schienenverkehr befördert worden, knapp 30 Prozent davon sind täglich auf Züge, Busse etc. angewiesen. Und das, obwohl in vielen Regionen Österreichs die Anschlüsse weiterhin als unzureichend bezeichnet werden können.
Fehlende Anschlüsse, zu hohe Preise
Nur etwa fünf Prozent aller Personenzüge der ÖBB liegen über dem Toleranzwert der fünfminütigen Verspätung. Diese Quote stellt einen Erfolg für alle Pendlerinnen und Pendler dar, dennoch werden weiterhin viele Bahnstrecken nur einmal jede oder sogar nur alle zwei Stunden befahren. Was für Freizeitaktivitäten in Ordnung ist, ist für jene Personen, die täglich darauf angewiesen sind, beinahe unzu-mutbar. Vor allem am Wochenende ist es in ländlichen Gegenden beinahe unmöglich, zu angenehmen Zeiten Busse oder Züge zu nutzen.
Abgesehen davon ist das Reisen mit dem Zug bereits zu einer Art Luxusevent geworden. Als Beispiel dient die Strecke von Baumgarten-Schattendorf nach Wien. Das Tagesticket inklusive Wien-Kernzone kostet hierbei rund 31 Euro. Abzüglich der fünf Wochen Urlaub und der Wochenenden arbeitet ein/e Erwerbstätige im Durchschnitt an 226 Tagen im Jahr. Multipliziert mit jenen 31 Euro ergibt das rund 7.000 Euro im Jahr, welche lediglich für die An- und Heimreise zum Arbeitsplatz aufgewendet werden müssen. Ein Betrag, der bei einem Nettodurchschnittsgehalt von knappen 2.000 Euro erst nach mehr als drei Monaten Arbeitszeit verdient wird.
Lösung Klimaticket?
Welche Lösung für diese Problematik gibt es also? Mit nur drei Euro am Tag Österreichs öffentliches Verkehrsnetz zu bereisen – davon träumen die meisten Pendlerinnen und Pendler. Tatsächlich ist dies bereits zur Realität geworden, als das Klimaticket in Umlauf gekommen ist. Mit seinen knapp 1.000 Euro (800 Euro für Jugendliche, Senioren und Menschen mit Behinderung) ist es zwar immer noch ein kostspieliges Angebot, befindet sich jedoch im Vergleich zu den anderen Preisvorschlägen in einem humanen Rahmen. Um mehr Leute für jenes Ticket zu begeistern, werden unkonventionelle Maßnah-men gesetzt.
So ist ab 2024 geplant, unter bestimmten Voraussetzungen, 18-Jährigen ein Jahr lang gra-tis das Klimaticket zur Verfügung zu stellen. Dafür sind bereits 120 Millionen Euro im Budget der Regie-rung eingeplant. Dabei gelten für Jugendliche unter 25 Jahren ohnehin mildere Preise beim Klimaticket, zudem sorgt die Ausbildungspflicht bis 18 Jahren in Österreich dafür, dass jene Bevölkerungsgruppe bis zu dem Zeitpunkt ihrer Volljährigkeit noch SchülerInnen oder Lehrlinge sind.
Damit sind diese in der VOR-Region (Wien, Niederösterreich und Burgenland) in der Lage, sich dem 80 Euro Top-Jugendticket zu bedienen und drei ganze Bundesländer zu dem 10-fach niedrigeren Preis zu bereisen wie mit dem Metropolregion-Klimaticket, welches ebenfalls jene drei Bundesländer umfasst. Daher stellt sich die Frage, wieso ein solches Angebot nicht an Studenten, Alleinerziehende oder im Allgemeinen an alle Pendlerinnen und Pendler gerichtet wird? Kurz gesagt: An jene, die es tatsächlich benötigen.
Geschrieben von Anika Pinter.
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https://www.vor.at/tickets/ticketuebersicht/jugendtickets
https://www.burgenland.at/themen/mobilitaet/semesterticket-1
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/296524/umfrage/schienenpersonenverkehr-der-eisen-bahn-in-oesterreich
https://vcoe.at/presse/presseaussendungen/detail/vcoe-grosse-bundesland-unterschiede-bei-nut-zung-des-oeffentlichen-verkehrs
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/466308/umfrage/anteil-puenktlicher-bahnen-der-oebb-im-personenverkehr-monatlich
https://vcoe.at/publikationen/vcoe-factsheets/detail/vcoe-factsheet-2018-11-massiver-ausbau-des-oeffentlichen-verkehrs-noetig
https://www.arbeiterkammer.at/beratung/arbeitundrecht/Urlaub/So_viel_Urlaub_bekom-men_Sie.html
https://ooe.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/verteilungsgerechtigkeit/einkommen/Einkom-men_in_Oesterreich.html