Wolf im Schafspelz: so wird der frisch gekürte Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) auch genannt. Ebendiesen hinderte am Freitagmorgen eine Menschenkette von ca. 40 Studierenden und einem Künstler vom Zugriff auf das Denkmal am Wiener Judenplatz, wo Rosenkranz plante, der Novemberpogrome des Jahres 1938 zu gedenken.
Daraufhin reagierte Rosenkranz einigermaßen verschnupft. Begleitet von mehreren Reihen an Polizist:innen beklagte er sich über die, ihm von den Demonstrierenden zugefügte „Gewalt“ — man merke an, die gesamte Interaktion verlief ohne jegliche Berührung.
Ein kleiner Lapsus, nicht mal der größte an diesem Tag und noch lange kein Grund auf Rosenkranz herumzuhacken. Nur einige Tage im Amt hat er es nicht einfach: erst wurde er rejected von der israelischen Kultusgemeinde, die den “revisionistischen Deutschnationalen” aufgrund seines wiederholten antisemitischen Aktionismus bei der offiziellen Gedenkveranstaltung nicht dabeihaben wollte. Und dann ist er ja als zweithöchster Staatsbediensteter Österreichs praktisch gezwungen trotzdem in irgendeiner Form einem so zentralen Ereignis unserer Geschichte zu gedenken.
Das muss ihm alles wahnsinnig schwer fallen. Schon die kognitive Dissonanz allein: antisemitischer Aktionist hier, zweithöchster Staatsbediensteter der Republik Österreichs da, könnte man als eine Art Gewalt werten. Denn vor nicht allzu langer Zeit verbrachte Rosenkranz noch den 8. eines anderen Monats, den 8. Mai, mit dem Gedenken an die Niederlage der nationalsozialistischen Wehrmacht an allen Fronten. Wie das zusammengeht, weiß wohl nur er selber.
Also lassen wir’s mit der Einfühlsamkeit und hacken doch ein wenig auf dem verschnupften Walter Rosenkranz herum. Gewalt wurde ihm angetan, dem ehemaligen Mitglied einer schlagenden Burschenschaft, der stolz seine “Schmisse” im Gesicht trägt. Gewalt wurde ihm angetan. Von 40 Studierenden und einem Künstler. Ohne, dass sie ihn berührten.
Dass die FPÖ ein Hort für gewaltbereite Burschenschafter, Rechtsextreme und Neonazis ist, das wussten wir alles. Hier ist was neues: ihr Wolf im Schafspelz ist ein Würstchen im Schlafrock.