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Shadowbans: Eine Gefahr für die Meinungsfreiheit auf Instagram & Co?

floo.Kurzfassung

  • Social Media-Plattformen nutzen verschiedene Methoden, um Content zu kuratieren und um z.B. Spam-Bots zu bekämpfen
  • Da Shadowbans dem Plattform-Betreiber unterliegen, ist oft undurchsichtig, wie und warum es zu einem Bann kommt
  • Mehr Transparenz würde helfen, damit sich viele User*innen aufgrund undurchsichtiger Richtlinien nicht in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt sehen.

Gerade in einer Zeit, in der sich nicht nur pandemiebedingt immer mehr Teile des öffentlichen Lebens auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram und Co. verschieben, tut sich die Frage auf, wie das alles reguliert werden soll.

Natürlich gibt’s da die allgemein bekannten Richtlinien und so, aber nicht alles, was innerhalb der Richtlinien liegt, schmeckt den Betreibern der Social-Media-Plattformen auch. Deshalb bedienen sie sich auch gerne mal anderer Methoden, wie beispielsweise Shadowbans.

= Künstliche Einschränkung der Reichweite von Nutzer*innen auf einer Online-Plattform, ohne, dass es für diese direkt ersichtlich ist.

Zensur und die Einschränkung der Meinungsfreiheit sind sowieso große Themen wenn’s um Social Media geht. Und besonders wenn es dann eine Methode der Einschränkung gibt, bei der man nicht mal mitbekommt, dass keiner sieht, was man schreibt, sollten doch die Alarmglocken schrillen.

Doch was genau sind jetzt eigentlich Shadowbans? Aus welchen Gründen wird man überhaupt geshadowbanned? Und gefährden sie wirklich die Meinungsfreiheit oder sind sie nur ein weiteres Regulierungsmittel der Social-Media-Plattformen?

Was sind Shadowbans?

Bei einem Shadowban wird verhindert, dass geposteter Content von bestimmten User*innen in den Vorschlägen anderer User*innen auftaucht. Die betroffenen User*innen können die Social-Media-Plattform aber ohne, auf den ersten Blick erkennbare, Einschränkungen weiter nutzen.

Aufgetaucht ist der Begriff Anfang der 2000er-Jahre in Webforen, als eine spezifische Methode für Community Moderator*innen, mit Trollen, Spam-Posts und Bots umzugehen. Dabei wurde der Post für alle Nutzer*innen, abgesehen von den Postenden selbst, unsichtbar gemacht.

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Social Media Bots

Im Laufe der Jahre und mit der rasanten Entwicklung sozialer Medien wurde der Begriff jedoch ausgedehnt und die Definitionsgrenze verwischt. Heute ist das Wort „Shadowban“ ein Sammelbegriff für eine Vielzahl an Methoden zur Einschränkung der Sichtbarkeit bestimmter Inhalte, ohne es offensichtlich zu machen.

Wie schauen Shadowbans in der Praxis aus?

Die verschiedenen Social-Media-Plattformen nutzen dabei unterschiedliche Methoden. Beispielsweise gibt es auf TikTok bestimmte Begriffe, die herausgefiltert werden. Angeblich, um zu verhindern, dass sie in potenziell schädlichen Kommentaren benutzt werden.

Allerdings kann man sie so auch nicht in einem neutralen oder aufklärenden Kontext verwenden. Facebook hat eine Technik, bei der Kommentare vor anderen Nutzer*innen versteckt werden, ohne dass man das selbst merkt, im Juli 2019 patentieren lassen.

Ein paar Beispiele für Begriffe, die von TikTok blockiert werden:

  • gay
  • Auschwitz
  • Heterosexuelle
  • homo
  • homophob
  • homosexuell
  • LGBTQ
  • Natinalsozialismus
  • Peng Shuai
  • queer
  • schwul
  • Sklaven
  • Terroristen

Was sind Gründe für einen Shadowban?

Gründe für einen Shadowban sind vielfältig. Von Verstößen gegen Richtlinien über Hassrede zu oberflächlichen Dingen wie Aussehen ist alles dabei. Meist weiß man dabei als betroffene Person allerdings nicht, was der exakte Grund für den Ban war.

Wie verhindert man einen Bann?

Dinge, die man auf Social Media vermeiden sollte, wenn man nicht geshadowbanned werden will, gibt es nur zur Genüge. Wird beispielsweise ein Beitrag oder ein Profil mehrfach als unangebracht gemeldet, läuft man Gefahr, geshadowbanned zu werden. Weitere Gründe wären etwa das Nutzen von unsicheren Bots, Kaufen von Likes oder Followern oder auch das Nutzen von gesperrten Hashtags.

Natürlich sollte man auch allgemein nicht gegen die Richtlinien der jeweiligen Social-Media-Plattform verstoßen, wobei das eher selbsterklärend ist.

Wie kommt es zu einem Bann?

Neben diesen nachvollziehbaren Gründen gibt es aber noch andere Auslöser für einen Shadowban. Die können allerdings nicht anhand von direkt nachweisbaren Faktoren, wie eben gekauften Followern oder der Nutzung von gesperrten Hashtags nachgewiesen werden.

Oft werden nämlich auch Aktivist*innen geshadowbanned. Dies trifft oft auch Menschen, die einen sozial weniger angesehenen Beruf ausüben und das auch auf Social Media zeigen. Und das eigentlich fast immer ohne Erklärung, wieso.

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Diskriminierung und gesellschaftliche Normen

Besonders abstoßend wird es, wenn man sich Shadowbans in Verbindung mit Diskriminierung ansieht. So wurden im Jahr 2020 beispielsweise TikTok-interne Dokumente geleakt. Darin steht geschrieben, dass Beiträge von Personen, die als „nicht attraktiv genug“ befunden werden, automatisch ausgefiltert werden, damit sie weniger Reichweite generieren.

Auch Beiträge von Menschen mit Behinderungen wurden automatisch in ihrer Reichweite eingeschränkt. Laut TikTok dient all das dem Schutz vor Mobbing. Die Begründung in dem Dokument lautete aber, dass solche Videos „much less attractive“ bzw. „less fancy and appealing“ wären.

Gefährden Shadowbans also die Meinungsfreiheit?

Aktuell kann man Shadowbans durchaus als eine Bedrohung für die Meinungsfreiheit bezeichnen. Unklare und inkonstante Auswahlkriterien, welche Beiträge gebannt werden, lassen User*innen in ständiger Besorgnis leben, geshadowbanned zu werden. Es müsste sich einiges ändern, damit diese Methode ohne Probleme genutzt werden kann.

Shadowbans schränken, so wie alle Regulierungsmaßnahmen, ein, was online gepostet werden kann und darf. Der wesentliche Unterschied zu bekannten Maßnahmen ist allerdings, dass man es selbst nicht mitbekommt, wenn man Ziel eines Shadowbans wurde. Auch erhält man meistens keine Erklärung, was man falsch gemacht hat.

Es ist für die Meinungsfreiheit gar nicht gut, wenn Content ohne Rechtfertigung still und heimlich gefiltert werden kann. Vor allem dann nicht, wenn die Inhalte den Plattformen ein Dorn im Auge zu sein scheinen.

Wie schaut das in der Praxis aus?

Beispiele dafür lassen sich in den geleakten TikTok-Dokumenten finden. Dort wird etwa bestimmt, dass sämtliche Personen, die in Livestreams und anderen Inhalten „nationale Ehre und Interessen“ gefährden, für immer zu sperren sind. Die Entscheidung, was genau unter diesem Begriff zu verstehen ist, ist hierbei gänzlich subjektiv den Moderator*innen überlassen.

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Facebook Likes / Filter Bubbles

Aber was jetzt tun, damit das System wirklich nutzbar wird? Nun ja, zuallererst müsste Transparenz geschaffen werden. User*innen sollen einfach einsehen können, welche Inhalte einen Shadowban nach sich ziehen. Auch die Einteilung, was einen Shadowban zu Folge hat und was nicht, sollte einheitlich festgelegt werden.

Shadowbans haben also noch einen weiten Weg vor sich, bis sie zu einem praktisch anwendbaren Regulierungstool für Social Media werden. Der jetzige Stand der Dinge schränkt die Meinungsfreiheit zu sehr ein und das meist absolut nicht nachvollziehbar. Und für solche Sachen ist im Jahr 2022 schon lange kein Platz mehr.